(Bearbeitungsstand vom 24. August 2019)
Die Psychoanalyse hat in der Zeit ihres relativ kurzen Bestehens von ca.120 Jahren unser gesamtes Leben durchdrungen. Sie ist in Kultur, Wirtschaft, Therapie und den Feuilletons der Zeitungen so gegenwärtig, dass sich jeder Interessierte tief vertraut mit ihren Grundannahmen fühlt. Mit ihrer Omnipräsenz verwischen sich ihre Konturen. Nun droht sie ganz im Mainstream aufgesogen, zu verschwinden.
Die Gedenktafeln „Mit Freud in Berlin“ sichern die Spuren vieler ihrer wichtigsten Vertreter*innen, die hier in Berlin gelebt und gearbeitet haben und hier sozialisiert wurden. Oft kamen sie als Geflüchtete, z.B. aus Ungarn, nach Berlin und mussten dann, wiederum als Flüchtlinge, unsere Stadt verlassen.
Trotz ihrer oft dramatischen Lebensgeschichten, konnten sie einen Schatz sich immer weiter entwickelnder psychoanalytischer Konzepte schaffen:
- Wir lernen zu verstehen, dass die Deutungsmacht der Psychoanalyse, aus der Diagnose eines Narzissten, noch keinen beziehungsvollen Zeitgenossen macht,
- dass Symptombildungen kreative Kompromiss-Bildungen sind,
- dass unsere kulturelle Syntax – wie das Konzept des Ödipuskomplexes - einer unbewussten Formgebung entspricht,
- dass Übertragungen eine zweite Chance bedeuten, etwas von einer neurotischen Erkrankung erfahrend zu verstehen,
- dass Träume eigenwillige und zutiefst persönliche Erzählungen sind, die gelegentlich „übersetzt“ werden können,